Ein Interview
Wilhelmshaven hat bei vielen Menschen einen belasteten Ruf. Die Bürgerinnen und Bürger sehen jedoch ihre Stadt gerne kritischer, als sie in Wahrheit ist.
Carsten Feist will das ändern. Als Kandidat für die Wahl zum Oberbürgermeister Wilhelmshavens im Mai 2019 steht er im Dialog mit Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir befragten Carsten Feist, wie er sich den Ruf der Stadt erklärt und inwieweit auch die Bürgerinnen und Bürger selbst einen Teil dazu beitragen können, das zu ändern.
Studentin: Wir haben es selbst am eigenen Leib erfahren. Seit wir unser Studium hier begonnen haben, hören wir hauptsächlich Schlechtes über Wilhelmshaven. Da stellt sich uns und vielen anderen auch die Frage: Warum hat Wilhelmshaven einen so schlechten Ruf?
Feist: Ich bin überzeugter Wilhelmshavener und ich mag diese Stadt mit all ihren Ecken und Kanten. Das häufigste Problem ist, dass die Wilhelmshavener selbst ihre Stadt bisweilen zu kritisch sehen. Natürlich haben wir Herausforderungen. Aber es arbeiten viele Menschen jeden Tag an vielen Stellen in unserer Stadt daran, diese zu beseitigen. Ein Problem ist z.B. der Lehrermangel. Deswegen haben wir Referendare vom Studienseminar Aurich eingeladen, um ihnen zu zeigen, dass Wilhelmshaven in Wirklichkeit nicht so ist, wie der schlechte Ruf vermuten lässt. Wir sind mit den jungen Menschen in Grundschulen und Familienzentren gefahren und haben ihnen die außerschulischen Lernorte und die Wohnquartiere gezeigt. Alle waren hinterher völlig begeistert. Da haben wir dann etwas ganz anderes zu hören bekommen. „Solche guten Schulen, wie ihr sie hier habt, haben wir in anderen Städten noch nie gesehen. Familienzentren, Hausaufgabengruppen und kommunale Schulsozialarbeit gibt es andernorts nicht oder nicht in dieser Qualität.“Studentin: Unternimmt die Stadt etwas, um Wilhelmshaven für seine Bürger/innen attraktiver zu gestalten?
Feist: Ja. Es ist ja schon vieles passiert und das müssen wir fortführen. Schauen wir uns beispielsweise das Street-Art-Festival an: Da sind die Wilhelmshavener auf einmal ganz stolz auf ihre Stadt. Vielleicht bemerken sie auch gerade einfach, dass dort etwas Schönes passiert. Oder zum Thema Stadtentwicklung: Man betrachte die vielen Sanierungsinvestitionen in der Südstadt, in neue Kindertagesstätten oder in die Infrastruktur des Sports. So profitiert jeder und die Entwicklung wird zukünftig weitergehen. Die Wilhelmshavener werden zunehmend verstehen, dass eine positive Wahrnehmung unserer Stadt nicht nur Aufgabe von Politik und Verwaltung ist, sondern dass jeder selbst aktiv werden kann.
Studentin: Wie kann man sich das vorstellen: „Jeder muss selbst aktiv werden“?
Feist: Wir feiern im Jahr 2019 Stadtgeburtstag. 150 Jahre Wilhelmshaven. Da wird es viele interessante Veranstaltungen geben. Diese müssen beworben werden. Ich habe zum Beispiel mit dem Stadt-Sport-Bund gesprochen. Darin sind knapp 20 000 Menschen organisiert. Von den 20 000 sind 15 000 aktive Sportlerinnen und Sportler und diese Aktiven sind viel in der Region und im Land unterwegs, um Wettkämpfe zu bestreiten. Ich habe angeregt: „Jedes Mal, wenn eine Volleyball-, eine Fußball- oder eine Handballmannschaft irgendwo hinfährt, nehmt einen Karton Flyer mit und werbt dort für Wilhelmshaven!" Auch ich bin mit meinen Kindern und mit von mir trainierten Mannschaften tausende von Kilometern auf Fußballplätze und in Handballhallen gefahren. Ich habe hunderte von Stunden mit Eltern aus Ostfriesland und Südoldenburg am Spielfeldrand gestanden und habe unseren Kindern beim Sport zugeschaut. Da ist viel Zeit für werbende Gespräche. Es hat schon eine hohe Wirkung, wenn wir Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener persönlich für unsere Stadt werben.
Studentin: Was hat es für eine Wirkung, wenn die Wilhelmshavener persönlich für ihre Stadt werben?
Feist: Das ist wirksamer und glaubwürdiger, als eine teure Anzeige in einer auswärtigen Zeitung zu schalten, die im Zweifel übersehen wird. Auch in den Camping Urlaub nehme ich häufig eine Kiste Flyer mit, verteile diese und komme so mit Menschen über Wilhelmshaven ins Gespräch. Man muss die Menschen immer wieder einladen und einen positiven Eindruck von unserer Stadt hinterlassen.
Studentin: Was ist Ihr abschließender Appell an die Bürger?
Feist: Wir, als Wilhelmhavener/Innen sollten unsere Stadt wieder bewusster wahrnehmen und anderen die positiven Seiten immer wieder zeigen! Wir sollten alle Chancen nutzen und davon hat Wilhelmshaven viele. Es ist unsere Stadt und unsere Zukunft!
Von Gina Bruns, Tomke Jenssen und Noemi Schäfer
Die Wilhelmshavener Musikinitiative e.V. wurde 1982 gegründet. Ich war damals 13 Jahre alt und mein kulturelles Interesse erwachte langsam. Insofern darf ich sagen, dass mich der von Andreas Kout und Andre Schulze geführte Verein durch wesentliche Teile meines Lebens begleitet und musikalisch immer wieder angeregt hat. Kein Wunder, denn durch die Wilhelmshavener Musikinitiative werden in unserer Stadt jährlich ca. 70 Veranstaltungen von der kleinen Bühne bis hin zu Straßen- und Stadtfesten ausgerichtet und begleitet.
Die Wilhelmshavener Musikinitiative steht für über 30 Jahre Erfahrungen in der Kultur- und Sozial- und Präventionsarbeit und gehört somit zur Wilhelmshavener Kultur-DNA.
Insofern konnten wir uns bei meinem Besuch im Musikerhaus am Banter Deich, in dem ca. 50 Bands begleitet und betreut werden, über die Entwicklung der Kulturlandschaft in Wilhelmshaven, die Notwendigkeit einer lebendigen und einladenden Soziokultur in unserer Stadt und die guten bestehenden Netzwerke austauschen, denen ich seit Jahren angehöre.
Mit medialen Workshops trägt die Wilhelmshavener Musikinitiative dem generationsübergreifenden Bedürfnis nach Bildungsangeboten Rechnung und nimmt junge Menschen in ihren veränderlichen Bedürfnissen ernst, fördert sie und bereichert das kulturelle Angebot in Wilhelmshaven. Seit 2004 engagiert sich der Verein zusätzlich mit Qualifizierungs- und Beratungsprojekten in Zusammenarbeit mit dem SOS-Kinderdorf e.V. in der Flüchtlingsarbeit, wo wir weitere intensive Schnittstellen auf der Basis langjähriger gemeinsamer Erfahrungen zu besprechen hatten.
Breiten Raum in unserem Gespräch nahm aber auch die Zukunftssicherung ein. Vereine wie die Wilhelmshavener Musikinitiative brauchen Gestaltungsfreiheit, aber auch mittel- und langfristige Planungssicherheit. Nur mit ehrenamtlichem Engagement und befristeten Teilzeitverträgen ist eine solche, für das Gemeinwesen wichtige, Aufgabe auf Dauer nicht wahrzunehmen. Insofern habe ich große Sympathie für den Wunsch von Andreas Kout und Andre Schulze, rechtzeitig die Weichen zu stellen, damit auch in den nächsten 30 Jahren die Wilhelmshavener Musikinitiative ein wichtiger und geschätzter Akteur bleibt.
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